Bunte Beleuchtung in den Seitenkapellen, große Lautsprecher und ein Mischpult, die Bänke voll mit vorwiegend jungen Menschen – so sieht es in einer Kirche selten aus. Und dass der bärtige Mann mit schickem Anzug und lustigem Hut, der da vor dem Altar stand, kein Pfarrer ist, wussten nicht nur Insider der Ingolstädter Poetry-Slam-Szene.
Die KHG veranstaltete am 6. Mai den ersten Ingolstädter Kirchenslam. Der durch den Hörsaalslam bekannte Michael Jakob führte als Slammaster durch den Dichterwettstreit. „Reine Leere“ stand selbstironisch als Thema über dem Abend: Texte mit mehr oder weniger Bezug zu Religion oder Glauben, über Wahrheit und Reinheit, über Abgrenzung und Leerformeln, über das Leben und seine Tücken wurden dem Publikum dargeboten. Namhafte Slam-Profis gaben sich dazu das Mikrophon in die Hand: Meike Harms aus München, Artem Zolotarov aus Mainz, Nik Salsflausen aus Esslingen, Lara Ermer aus Frankfurt, Marius Loy aus Esslingen, Barbara Gerlach aus Nürnberg, Maron Fuchs aus Bamberg und schließlich Peter Parkster aus Ingolstadt. Fromm waren die Texte nicht direkt, die hier dargeboten wurden. Und doch sollten sie zum Nachdenken bringen. Da ging es um Lebenssinn und Todesangst, um Göttermythen und über die Entscheidung, welche Religion das beste Angebot für’s Jenseits hat. Von Liebe und Macht erzählten die kurzen Texte, über das Unscheinbare und gleichzeitig Gute, über das Mehr und die Leere. Die Poeten brachten Fragen, die jeden Menschen bewegen, in kunstvolle Sprache, und genau das passte gut in eine Kirche. Christian Ledl, der jeden Slammer mit improvisierten Orgeltönen begrüßte, machte den Gesamteindruck komplett: Da wurde mit Sprache, Musik, Auftreten und Raum gespielt und etwas Neues ausprobiert. Am Ende machte Maron Fuchs das Rennen – erst mit einem Gedicht über die Leere und dann, im Finale, mit Versen über den Stress: „Gut ist doch schon mal optimal“.
Viele der Texte kann man unter www.khg-ingolstadt.de/slam nochmal erleben.
Text von Oswald Meyer, Hochschulseelsorger
Bilder von Stefan Biegert